Sunday, September 17, 2006

P wie Palagruža

wie Palagruža
Jeder hat seine fixe Idee.
Meine war seit langem schon, einmal nach Palagruža zu segeln. Im Laufe der Jahre reifte die fixe Idee zu einem Plan. Mehr und mehr wurde es wahrscheinlich, daß es beim Segeltörn im Sommer 2006 zumindest gewagt werden sollte.
Die Vorbereitungen für diesen Törn waren für mich geprägt von Palagruža. Bei meinem Freund Michi bestellte ich selbst entworfene T-Shirts für die ganze Crew. Die Shirts sollten am Rücken ein großes P zeigen, ein P wie Palagruža. In meinem Kopf war das P ganz genau vorhanden, aber selbst eine ganze Nacht der Suche im Internet brachte mir keine Schriftart, die dieses P gehabt hätte, das mir vorschwebte. Schließlich besann ich mich urtümlicher Mittel, nahm Papier und Bleistift zur Hand und schon nach ein, zwei Stunden war meine Vorstellung materialisiert.
Durch die intensive Beschäftigung mit dem Buchstaben P wurde dieser zu meinem ständigen Begleiter und schließlich zum Symbol des ganzen Törns. Ständig liefen uns – oder besser gesagt mir – „P's“ beziehungsweise Worte mit dem Anfangsbuchstaben P über den Weg. Wäre ein Buchstaben eine Wesenheit, wäre das „P“ der gute Geist des ganzen Törns gewesen.
Aber nun zur eigentlichen Geschichte.
1. p wie početak pripovijesti
početak (-tka; Pl -eci; GPl početaka) Anfang m. pripovijest (-esti; ISg –esti/-ešću) f Erzählung f; Geschichte f
Na početku – am Anfang - steht ein leerer Schreibtisch, eine gute Wetterprognose, eine Anfahrt ohne allzuviel Verkehr und – wie immer – eine herzliche Begrüßung im Bavadria-Büro der Marina Kaštela.
Unser Schiff ist die „Hrvaska“. Eine Bavaria 46cruiser, Baujahr 2006. Der Name ist kein Schreibfehler, es fehlt kein „t“. Am Südostzipfel der Insel Lastovo, knapp östlich des Leuchtturms Rt Struga liegt die Uvala Hrvaska, jene Bucht, nach der das Schiff benannt ist. Das Schiff ist tipp-topp in Ordnung, die Übernahme ist sehr schnell erledigt und dadurch hab ich jetzt Zeit, die Crew vorzustellen.
Astrid, die šefica šefa, die Chefin des Chefs.
Thomas, alter Freund aus Grazer Studententagen, heute Anästhet und Sportmediziner, trotzdem machtlos gegen den Segelvirus, mit dem ich ihn vor 2 Jahren infiziert habe.
Lotte, Thomas’ Frau, selbst Ärztin und ebenso machtlos gegen den Segelvirus wie ihr Mann. Stoffl, praktischer Arzt, privat Ruhepol, soll mit dem Segelvirus infiziert werden.
Christl, Stoffl’s Frau, bei ihrem Mann in der Praxis tätig, soll ebenfalls infiziert werden. Und schließlich ich, Karl, Rechtsanwalt, Chef (siehe erste Zeile dieses Absatzes), Jäger und Segler.
Jure, der das Schiff übergeben hat, ist begeistert von meiner Idee, nach Palagruža zu segeln. Auch Armano kommt noch auf ein Bier an Bord, zu einem kurzen Plausch über Palagruža und über Buchten mit guten Restaurants. Fünf vor sechs zeigt meine Uhr, als wir die Leinen loswerfen und aus der Marina tuckern. Bereits nach der Marinaausfahrt die erste – aber auch gleichzeitig die letzte - Reparatur des Törns: Logge gängig machen. Ein Schluck irischer Whiskey für die Götter, rauf mit den Segeln und ab!
Lotte wird für den ganzen Törn zum Sundownermaat eingeteilt. 20:15 Uhr. Die sundowner sind ausgetrunken und die Hrvaska liegt an der Muring im Hafenbecken von Bobovišća auf der Insel Brač.
2. P wie Pave's janjetina
Pave Linćir, der beste Lammbrater Dalmatiens hat mit seinen Brüdern das Lokal „Lanterna“ in der Uvala Stončica auf der Insel Vis. Zu ihm wollen wir heute.
Aber beginnen wir schön der Reihe nach mit dem Morgen. Der Tag beginnt für mich mit einem Spaziergang ins Landesinnere. Ich komme zur Ortschaft Ložišće. Sie wirkt sehr verfallen und ärmlich, bietet aber gute Motive zum Fotografieren.
Schon gestern habe ich Thomas für heute zum Skipper des Tages eingeteilt. Jetzt sitzt der dnevni kapetan vor der Konoba Vala, trinkt kleine Bier und zeigt gar keine Anstalten, loszusegeln. Ein gutes Wort - zur rechten Zeit, am rechten Ort…. Schon ist Thomas motiviert. Wir legen ab, kurzer Badestop und dann geht’s durch die Splitska Vrata Richtung Vis. Segel rauf und schnulzige Seemannslieder in den CD-Player.
Wir nähern uns Vis. Das Gewitter aus Westen nähert sich uns. Kein Wind mehr, Maschine an. Wer wird wen früher erreichen? Wir Vis oder das Gewitter uns?
Schließlich geht’s los. Kein Regen, aber Wind aus NW mit bis zu 45 Knoten. Eine Badetuchfläche Genua raus, Maschine aus und schon liegt die Hrvaska stabiler. Als ich am Ziel das Ankermanöver fahre, weht der Tramontana noch immer mit 30 kn. Der neue Jumbo-Anker hält super. Der dnevni kapetan hat seine Sache gut gemeistert.
Das Essen ist wie immer ausgezeichnet, Alkohol gibt’s nicht zuwenig.
3. P wie Panikmache
Panikmache betreibt der Muring-Aufseher in Kut. Tief sitzt der Rogačica in uns drinnen. Wir schlafen lange. Baden, frühstücken, baden. Erst um 13:00 holen wir den Anker auf, Stoffl steuert die Hrvaska „ums Eck“ in die große Bucht von Vis. Astrid und ich lassen uns absetzen, kaufen ein, Thomas dreht derweil ein paar Hafenrunden. Bald kommen wir wieder an Bord und Thomas legt in Kut an. Den Platz vor der Konoba Vatrica verweigert uns der Hafenaufseher und fordert uns auf, zusätzlich zur Muring unseren Anker auszubringen. „Kommt starke Tramontana. Palagruža? To nije pametan!“ – Das ist nicht gescheit! Das Nachbarschiff ist eine Bavaria 41 Holiday und gehört einem burgenländischen Ehepaar. Heinz und Bärbel sind Freunde von Ulf Schulze-Bauer – so klein ist die Welt.
4. P wie Palagruža
03:30 Uhr. Es ist soweit. Vor vierzig Minuten hat Thomas noch gemeint, es würde blasen und der Wind wäre böig, aber jetzt weht nur ein Lüfterl aus Süd. Auch ALADIN meint, daß es maximal 5 Beaufort aus NW geben wird. Maschine an. Landstrom abschließen, Leinen und Muring los. Thomas drückt Christl die Luke auf den Daumen. Das gibt ein langanhaltendes Andenken an diesen Törn. 04:10 Uhr: Anker auf. Mit 1000 U/min tuckern wir aus dem Hafen. Es ist eine finstere, mondlose Nacht. Die Leuchtfeuer weisen den Weg gut. Stoffl und die Frauen kehren zurück in die Kojen.
Um 04:50 liegt Rt Stončica steuerbord querab. Ich gehe auf Kurs 135° damit ich den Riffen ausweiche, die entlang der Ostküste von Vis liegen. Thomas beobachtet eine zvijezda padalica, eine Sternschnuppe. Um 05:10 sind wir 1,8 sm über das Kap Stončica hinaus, ich gehe auf Südkurs. Palagruža wir kommen! Eine dreiviertel Stunde später legt sich Thomas ein wenig aufs Ohr, dafür gesellt sich Astrid zu mir ins Cockpit. 06:35 Uhr, Loggestand 14,0 sm, der Wind hat auf NW gedreht und ein klein wenig aufgefrischt. Groß und Genua hinauf und Maschine aus. Ich schnurre. Nur unserer armen Lotte ist schlecht.
Um 11:30 schwojen wir vor Buganker südlich der Insel Palagruža. Loggestand 43,4 sm. Der Anker liegt auf 19 m Tiefe, 60 m Kette sind draußen. Vorne am Anker hab ich eine dünne Leine mit einer Zugkraft von 92 kg angebracht, damit wir ihn anheben können, falls er sich unter einem Felsen verhackelt.
Astrid und ich gehen an Land. Ein wahnsinniger Italiener ist mit einem großen Kajak von Italien hergepaddelt und campiert am Strand. Steil geht der Anstieg hinauf zum Leuchtturm. Ein herrliches Gefühl, endlich auf Palagruža zu sein. Palagruža, Insel eines Zauberers, Palagruža čarobnjakov otok. Endemische Eidechsen, endemische Pflanzen. Und fotografieren, fotografieren, fotografieren.
Nach zweieinhalb Stunden, in denen wir das Grab des Diomedes nicht gefunden haben, begeben wir uns zurück an Bord der Hrvaska. Anker auf und nach Vollendung der Runde um Palagruža geht es unter Maschine auf Nordkurs, Richtung Sušac.
Ich verschicke an fast alle Freunde und Verwandten SMS mit der Frohebotschaft, daß ich es geschafft habe, nach Palagruža zu segeln.
p wie pijan,
pijan (-o) betrunken; puno pijan volltrunken, stockbesoffen Auf Sušac soll ein Mann leben, der sehr gut Lamm braten soll, hat Armano gesagt. In der kleinen Bucht, in der wir ankern, liegen eine kleine Motoryacht mit flybridge und zwei kleine Boote mit Außenbordmotoren. Der Anker fällt und eine Horde Betrunkener kommt vom Hügel herunter. Sie besteigen die Außenborder-Boote und fahren unter grölenden Gesängen raus aufs Meer. Wir vertäuen die Hrvaska nach beiden Seiten, sperren die Bucht mit unseren Leinen ab und ich geh auf Erkundung. Am Hügel bietet sich mir eine Idylle dar. Neben einigen verfallenen Häusern steht ein gerade noch bewohnbares. Daneben Pinien. In einer Pinie eine Lautsprecherbox, daraus tönt leise Countrymusik. Unter den Pinien ein Tisch, auf dem Tisch die sterblichen Überreste eines Lammes, genauer gesagt, die Knochen. Fleisch ist keines mehr darauf, dafür aber eine Million Fliegen. Rundherum leere Bierdosen, leere Wein- und Whiskeyflaschen und daneben – sanft schlummernd – ein Mann. „Dobar dan. Možemo li većerati ovdje?“ – Können wir hier zu Abend essen? – „Sutra, sutra“ – „Morgen, morgen“ antwortet der verschlafene Hüne. „Haben Sie ein bisschen getrunken?“ – „Sorry, sorry“. Die Russen (das war die Horde von vorhin) haben ihn unter den Tisch getrunken.
Er heißt Goran und hat nichts dagegen, wenn wir selbst kochen und dazu seine Küche und seine Vorräte verwenden. Rasch hole ich die Crew. Die Frauen sind von der Iylle nicht so angetan. Also zurück auf die Yacht. Es gibt Weißwürscht mit süßem Senf und Brezen. Nach dem Essen freu ich mich schon auf die Koje, hab aber die Rechnung ohne den Wind gemacht. Es kommt ein frischer Südost auf und plötzlich steht eine unangenehme Welle in die Bucht. Also Leinen los, Anker auf und nochmals raus. 22:00 Uhr. Finster wie im A… Wir motoren nach Lastovo. Die Uvala Zaklopatica hat bei ihrer Einfahrt ein neues rotes Leuchtfeuer bekommen. Um 01:00 fällt der Anker, beim zweiten Versuch hält er auch. Nach 21 ½ Stunden 86 sm und einer „Bergpartie“ auf Palagruža endlich der wohlverdiente Schlaf.
5. P wie Pause
Pause nicht nur wegen der gestrigen Anstrengungen, Pause auch, weil wir heute nirgends anders hinwollen als ins „Triton“ von Tonći Jurica Gango und Pause schließlich auch, weil der Tramontana respektgebietend weht. Draußen auf dem offenen Meer mit bis zu 55 Knoten.
Unser Anker hält super und wir Männer begeben uns daher ins Triton. Frühschoppen, Bier, Travarica und Dreierschnapsen. Ist es nicht herrlich?
Aber nicht nur P wie Pause, sondern auch
p wie poljubac
poljubac Kuß, m Schon vor zwei Jahren hat die Zaklopatica Thomas geküßt, diesmal küßt sie ihn wieder. Ich war kurz auf der Yacht und komme zurück zum Triton. Thomas will meine Dingileine fangen und geht zu weit die Schräge für den Boots-Slip hinunter. Er kommt auf den glitschigen Algenbewuchs und – Platsch! Am Nachmittag läßt der Wind nach und die Crew fährt mit dem Taxi in die Ortschaft Lastovo.
Als die Mannschaft zurückkehrt, geht schon die Sonne unter und so lassen wir uns das herrliche Abendessen schmecken. Viele verschiedene Vorspeisen, Jastog mit Spaghetti und zum krönenden Abschluß palačinke!
Tonći schenkt uns zum Abschied noch zwei Flaschen Schnaps. Einen Travarica und einen Rogačica.
6. P wie Pech
Pech mit dem Essen haben wir in der Okuklje, der versteckten Piratenbucht auf der Insel Mljet. Vielleicht war es aber auch
p wie prokleti, p wie prokletstvo
prokleti (-kunem; -kleo, -ela; -et) (-klinjati) verfluchen, verwünschen prokletstvo Fluch m; Verdammung f, Verwünschung f; ~! Verflucht nochmal! ein Fluch, den jemand über uns ausgestoßen hat. Der Tag beginnt mit strahlendem Sonnenschein und deshalb holen wir schon um 07:45 den Anker auf. Frühstücken können wir auch während des Badestops in den Lastovnjaci zwischen Štomorina und Česvinica. Um 09:00 sind wir bei unserem liebsten Badeplatzl.
Zwei Stunden genießen wir das Baden und das Faulenzen, dann legen wir unter Segel ab.
Leider ist der Wind nur ein leises Lüfterl und nach zwei Stunden schläft er ganz ein.
14:45 Glavat, die Insel vor dem nordwestlichen Ende Mljets liegt steuerbord querab und zwei Delphine spielen mit dem Schiff zwanzig Minuten lang. Sie schwimmen neben uns her, springen und schauen uns in die Augen.
Um 17:30 sind wir in der Einfahrt zur Okuklje. Ein Fischerboot kommt uns entgegen und der Mann ruft uns etwas zu, das wir nicht verstehen. Ich hab mir gleich gedacht, daß es ein Fluch sein muß, bin aber dann wieder mit den Gedanken abgeschweift. Thomas' Anlegemanöver ist nautisch betrachtet einwandfrei, aus gesamtheitlicher Sicht aber eine Katastrophe. Ganze 10 m zu weit östlich ist er sein Manöver gefahren. Wir liegen nicht vor dem Maran mit seinen roten Festmacherpollern, sondern daneben bei grünen Pollern, die einer Frau gehören, die uns sagt, daß ihre Konoba am anderen Ufer sei. Sie zeigt auf zwei weiße würfelförmige Betonbauten. Ist es der Fluch des Fischers – oder ist es einfach nur Pech? Noch nie in all den Jahren, in denen ich nach Kroatien komme, hab ich derart schlecht gegessen. Es ist eine einzige Katastrophe. Sogar der geschenkte Schnaps am Schluß ist ungenießbar, die Maische hat Bakterien abgekriegt, der Schnaps schmeckt wie gebrannter Essig.
7. P wie Prominenz
Prominenz war bei Luka, unserem Freund in Kobaš, der lauschigen Bucht im Stonski Kanal. Der Morgen bringt mit einem Spaziergang auf die höchste Kante der Insel und einem Blick nach Süden eine Entschädigung für die gestrige Pleite mit dem Essen.
Christl geht mit und bei der Rückkehr kaufen wir frische Croissants für die ganze Crew. Dann wird abgelegt und bei guten 3 Beaufort gibt's ein bißchen Spaßsegeln zwischen Mljet und den westlichsten elaphitischen Inseln.
Eine Hafenrunde in Šipanska Luka unter Großsegel und dann weiter ab nach Westen hinein in den Stonski Kanal. Luka hat schon am Telefon von mir erfahren, dass wir kommen. Ich lege die Hrvaska an die Backbordseite einer großen Feretti mit österreichischer Flagge.
Nach der Begrüßung meint Luka, dass der Motorskipper auch ein Freund von ihm sei, auch ein Österreicher, aus Graz und auch Rechtsanwalt. Ob ich ihn vielleicht kenne? Groß ist die Überraschung als er sich als mein alter Schulfreund Willi Kubin entpuppt.
Luka’s Cousin hat eine Falkuša restauriert. Gestern war Thomas Muster hier und in seiner Begleitung Roger Moore. Die beiden haben kurz vom Dubrovniker Filmfestival heraufgeschaut, um Luka’s hervorragende Küche zu geniesen.
8. P wie Prožura
Prožura ist der Name einer der landschaftlich schönsten Buchten, die ich überhaupt kenne. Abschied von Luka, Willi und seinen beiden Söhnen, die alle nach Ston fahren und dann heißt es auch für uns: “Leinen los“ und auf geht’s, wieder rüber nach Mljet.
Schon um 13:10 Uhr schwojen wir an der Boje in der Uvala Prožura. Zur erwähnten landschaftlichen Schönheit kommt die Qualität der Küche in der Marijina konoba, auf gut deutsch „Maria's Beisel“.
Bevor wir aber dorthin gehen, gibt es noch Sangria als sundowner. Appetitlich glänzt er im Schein der späten Sonne im Krug.
9. p wie peka
Die besten Speisen unter der peka gibt es in der Konoba "Mlinica" in Orebić. Aber bleiben wir vorerst noch in der schönen Uvala Prožura.
Der Kapitän ist brav und betreibt Morgensport. Eine kurze Wanderung von einer halben Stunde bringt mich in der kühlen Morgenluft zum Ort Prožura, der hoch oben über der Bucht liegt, eingebettet in eine Senke.
Würden nicht zwei Kirchen an den Geländekanten stehen, man würde vom Meer aus gar nichts sehen.
Früher waren die Kirchen noch nicht erbaut und das Dörfchen den Blicken neugieriger Feinde oder Piraten entzogen.
Weil ich so brav war und der Crew frische Feigen mitgebracht habe, schickt uns Äolus ein klein bißchen Wind, sodaß wir von den 24 sm nach Orebić wenigstens 8 unter Segel zurücklegen können.
Der Hafenaufseher in Orebić begrüßt uns sehr freundlich, wie immer. Ich geh sofort zur Konoba Mlinica, um einen Tisch zu reservieren. Das Lokal hat zu. Telefonnummer von der Speisekarte beim Eingang fotografieren und zurück zum Schiff. Anrufen ist nicht möglich, die Nummer gibt's nicht. Also neuerlich zu Fuß zur Mlinica.
Thomas begleitet mich. Er ist fasziniert von den vielen schönen, alten Villen des Städtchens, das sehr viele große Kapitäne hervorgebracht hat.
Wir bestellen halb-halb Lamm- und Kalbfleisch unter der peka. Es schmeckt hervorragend.
Auf dem Nachhauseweg gibt es Eis. Thomas kriegt eins mit ich weiß nicht wieviel Kugeln um 48,-- Kuna
10. P wie Polyp
Ein Polyp, kroatisch hobotnica, also ein Krake, ein Oktopus, der aus der Hand frißt, das klingt nach Fischerlatein und Seemannsgarn. Fotografischen Beweis gibt es leider keinen, aber Branko auf Mrčara hat ein solches Vieh. Der Polyp weiß, an welcher Stelle immer die Fische ausgeputzt werden, er kommt regelmäßig dorthin. Er läßt sich angreifen, legt selbst seine Fangarme zärtlich um Brankos Arm und frißt ihm buchstäblich aus der Hand.
Am Morgen gehe ich mit Christl und Lotte zum Kloster mit dem Kapitänsfriedhof. Ein schöner Spaziergang, danach kaufen wir ein, was wir noch brauchen. P wie pivo und p wie povrće - Bier und Gemüse.
Wir verabschieden unsere Nachbarn, John und Ian aus England, die mit ihrer Sun Shine 38 nach Vela Luka fahren, drehen eine Besichtigungsrunde um die Stadt Korčula, und motoren dann bis zu den Lastovnjaci.
Bei Rt Struga, gleich vor der Uvala Hrvaska, nach der unser Schiff benannt ist, kommt Wind auf und wir schaffen noch 10 sm unter Segel von den insgesamt 33 sm die wir bis in die wunderschöne Inselwelt westlich von Lastovo zurücklegen.
Essen werden wir heute in der Konoba "Morski konjić" - Seepferdchen. Wenn auch die Bezeichnung Konoba für das behelfsmäßige Flugdach weit übertrieben ist, so hat Branko doch das Symbol des Lokals schön gestaltet. Zum Abendessen gibt es natürlich Kitz, koslić pod pekom.
Am späten Nachmittag sind zwei Männer mit einem starken Dingi gekommen, der eine davon ein Taucher, der einen Zackenbarsch harpuniert hatte. Nach dem Essen greift der Taucher zur Gitarre und wir singen bis nach Mitternacht "Ribari", "Konobo moja" und andere kroatische Lieder von Fischern, Liebe und Meer.
11. P wie pokroviteljica
pokroviteljica Schirmherrin f, Schutzherrin f Andi aus Stuttgart ist die Schutzherrin der Schildkröten. Bei westlichem bis nordwestlichem Wind sind wir unter Thomas' Führung herrlich von Mrčara heraufgesegelt bis Šćedro. Von 32 sm nur 1 sm motort.
Jetzt liegen wir in „meiner“ Uvala Glavobolja, Stjepko’s Bucht und trinken zwischen slane ribe, sir i masline in Erwartung des Abendessens Weißwein.
Stjepko hat zwei Appartmentgäste, Christl und Andi. Deren größte Sorge ist, dass irgendwelche Kinder, wahrscheinlich Enkel vom „Bruder Guardian“ eine Meeresschildkröte gefangen haben und jetzt in einem ganz kleinen Becken gefangen halten. Die Schildkröte tut ihnen leid, sie wollen etwas unternehmen, glauben aber, dass sie nicht in der Lage sind, die Schildkröte aus dem Becken zu fangen. Stjepko will sich nicht einmischen. Der Jastog ist im Magen und so gehe ich mit Andi, um die Lage zu erkunden. Weil es gerade passt, hüpf ich gleich ins Becken und fang die Schildkröte. Freilassen darf sie dann die pokroviteljica höchstpersönlich, nachdem ich noch rasch ein Foto gemacht hab.
12. p wie pun
pun voll Voll sind die Netze, die ich unter den Augen aller weiblichen Crewmitglieder aus dem Meer ziehe.
Vor Sonnenaufgang sind wir hinausgefahren. Stjepko, ich und alle Frauen der Hrvaska-Crew.
Noch nie ist mir mit Stjepko ein so guter Fang gelungen. 3 Jastoga - Langusten, 5 Škrpine - Drachenköpfe, eine Tartinja - Meeräsche, ein Kokot - Knurrhahn und als Krönung ein dreieinhalb Kilo schwerer Seeteufel, der auf kroatisch Grdobina – Ungeheuer heißt.
Eine morgendliche Fahrt mit Stjepko auf seinem Morski Vuk zu den Netzen ist ein schönes Erlebnis. Die Frauen verstehen jetzt aber auch, wie schwer das Leben und der Broterwerb eines dalmatinischen Fischers sind und daß hohe Preise für Fisch ihre Berechtigung haben.
p wie pješačenje
pješačenje Wanderung f, Fußmarsch m Die Beute haben wir mit Weißwein begossen und jetzt wollen wir zur Abwechslung eine Wanderung in die Nachbarbucht Veli Porat oder - wie sie auch genannt wird - Lovišće machen. Die Temperatur macht uns zu schaffen und wir sind sehr froh, als wir die Konoba „Kod Ive“ – „Bei Ivo“ erreichen. Für den Rückmarsch reicht unser sportlicher Ehrgeiz nicht. Gott sei Dank kommt uns Pavo mit dem Glizer (schnelles Boot mit starkem Außenborder) abholen.
P wie Polenta p wie pun mjesec
mjesec (GPl -seci/-seca) Astr. Mond m; Monat m pun ~ Vollmond m Am Abend gibt es den Seeteufel als Brudet mit Polenta – herrlich!
Während wir essen, erhebt sich der Vollmond über das Kloster und die Bucht.
13. P wie Platzmangel in
P wie Pharos
Platzmangel herrscht im Hafen von Stari Grad auf der Insel Hvar, als wir dort eintreffen. In der Antike hieß dieses schöne Städtchen Pharos und es gibt Bestrebungen, wieder den ursprünglichen Namen zu verwenden. Wie immer fällt der Abschied von der Uvala Glavobolja schwer und es ist schon fast 13:00 Uhr, als wir den Anker aufholen.
Zuvor haben wir noch mit Lukas, Steffi und Pavo Weißwein getrunken.
Dann hat Thomas bewiesen, dass er doch ins Wasser geht.
Wind gibt’s keinen und so motoren wir zuerst nach Westen, nahe vorbei am Hafen des Weinbauern Plenković in Sveta Nedjelja und mit einer Hafenrunde in der Stadt Hvar. Am Rt Pelegrin schöpfen wir dann ein bißchen Hoffnung und hissen die Segel, aber der Wind ist einfach zu schwach und schon nach dreieinhalb Seemeilen müssen wir in der Einfahrt zu der riesigen Bucht von Stari Grad die Wäsche bergen und die Eisenfock einsetzen. Wir kriegen keinen Platz mehr am Kai, wo alle Murings besetzt sind und müssen uns an eine Boje legen. Dingifahrt an Land, Sundowner im „Rathauscafe“ und dann Abendessen in der Galerija Luksić.
Ein absolut bemerkenswertes Lokal mit einem Wirt – Igor pl. Živanović – der am besten als verrückt beschrieben werden kann, aber ausgezeichnet kocht.
Das „pl.“ in seinem Namen bedeutet „plemićki“ also „adelig“ und entspricht unserem “von“. Er dürfte wirklich adeliger Abstammung sein, hat aber dennoch alle Uhren im Lokal – und derer gibt es viele – so eingestellt, dass sie fünf nach drei zeigen, die Todesstunde von Marschall Josip Broz „Tito“.
14. P wie Prognose
Thomas und Stoffl bleiben an Bord, die Frauen gehen mit mir einkaufen und wir besichtigen auch den Palast von Petar Hektorović, einem der bedeutendsten kroatischen Schriftsteller. Noch etwas harten (alten) Schafskäse von der Insel Pag, noch einen Liter Olivenöl vom Markt und gegen Mittag machen wir uns gemütlich ans Auslaufen. Heute wollen wir nur bis Bobovišća, um dort unseren letzten Abend zu verbringen und morgen dann in der Früh die paar Meilen bis Kaštela zu segeln. Eine halbe Stunde später ist es vorbei mit der Gemütlichkeit. Eine SMS von Bavadria informiert uns über die Wetterprognose, die für heute Abend starke Bora voraussagt und empfiehlt die sofortige Rückkehr in die Marina. Schade, dass der Urlaub abrupter endet, als geplant, aber Sicherheit geht vor. Ein guter Skipper kann auch aus solchen Situationen Gutes herausholen. Über Željko vom Bavadria-Stützpunkt veranlasse ich, dass ein Tisch in der Konoba Varoš in Split für uns reserviert wird. Dort waren wir schon lange nicht mehr, das Essen war immer gut. Am Westkap des Marijan machen wir einen Badestop ohne den Anker zu werfen und lassen die Hrvaska bei „Astrid’s Villa“ vorbeitreiben.
Schließlich gibt es noch eine kleine Zeremonie, die ich eigentlich in Bobovišća abhalten hatte wollen. Auf N 43°30,9' E 016°23,3' wird Stoffl zum Offizier befördert und erhält den Großen Palstekorden mit eingeflochtenem Palagružakiesel verliehen.
Lotte wird zum Maat befördert und erhält den Kleinen Palagružaorden bestehend aus einem Palagružakiesel am Ankerbändsel;
Christl wird zur Vollmatrosin befördert, auch sie erhält den Kleinen Palagružaorden. Um 17:00 Uhr liegen wir an der Tankstelle und füllen 146 Liter Diesel in den Tank. Zwanzig Minuten später liegt die Hrvaska fest an der Muring in der Marina Kaštela. 327 sm haben wir zurückgelegt, davon 145,1 sm unter Segel.
Pünktlich eine Stunde später brausen die ersten Böen der kaštelanska bura über die Berghänge herab. Wir sind froh, daß wir im sicheren Hafen liegen. Armano und Jure bringen uns nach Split in die Konoba Varoš, wo das Essen so gut ist, wie eh und je.
15. p wie pustolovan
pustolovan abenteuerlich; ~ni dopust Abenteuerurlaub m Abenteuerlich ist auch die Heimfahrt. Samstag ist’s, rasch geht das Packen voran und schon um neun sind wir abmarschbereit. Ein schneller Abschied, Thomas’ Auto tanken und dann geht’s auf die Autobahn. Kurz vor Zadar empfiehlt der Verkehrsfunk, die Autobahn wegen eines Staus von 9 km vor dem Tunnel Sveti Rok zu verlassen und normale Straßen zu wählen. Ich habe schon immer vorgehabt, einmal über eine Nebenstraße – auf der Straßenkarte weiß eingezeichnet aber grün hinterlegt für „landschaftlich reizvoll“ – über das Velebitgebirge zu fahren. Die Markierung als landschaftlich reizvoll ist richtig, man hat wunderschöne Ausblicke auf Meer und Gebirge, aber abenteuerlich ist die Straße von Anfang an. Schilder, die vor Minen warnen und davon abraten, die befestigte Straße zu verlassen. Wenig später „kraj asfalta“ – Ende des Asphaltes und schließlich eine richtige Piste über das Gebirge, so wild, dass ich ständig Angst habe, dass es irgendwann für den BMW zu arg wird. Ein Lkw kommt uns mit flotter Fahrt entgegen und stellt sich beim Bremsen quer, aber schließlich erreichen wir Mali Alan. Was ist Mali Alan? Kennt doch jeder, oder?
Es ist ein Paß über das Velebitgebirge, jene Gegend, wo Winnetou erschossen wurde. Nach einigen Kilometern kommen wir schließlich wohlbehalten in die Lika hinunter. Abkürzung war es sicher keine, aber die Strecke ist es absolut wert, dass man sie einmal fährt. Was bleibt am Ende zu sagen? Der Segeltörn, ja der ganze Urlaub war
p wie prekrasan
prekrasan wunderschön; herrlich, prächtig, wundervoll, entzückend
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